Als alles anfing – vor genau einhundert Jahren – träumte man hier von einer neuen Welt, die ganz anders sein sollte als alles, was man bisher kannte. Ein Wunschbild einer fortschrittlichen Gesellschaft, in der jedem alles gehört. Über das Wirtschaftliche hinaus sollten auch andere Lebensbereiche wie gemeinsame Arbeit, Kinderbetreuung, Schulen, Kultur und Altenbetreuung mit einbezogen werden. Beflügelt von diesem Gedanken, machte sich eine Gruppe von gleichgesinnten Idealisten um den schweizer Politiker Bernhard Jäggi auf, um zum ersten und letzten Mal in der Schweizer Geschichte eine vollgenossenschaftliche Siedlung zu bauen. Man nannte sie Freidorf.
Damals lag die kleine Siedlung noch mitten im Nirgendwo, zwischen Muttenz und Basel, auf einem 84.915 Quadratkilometer großen Grundstück. Umsäumt war Freidorf von nicht viel mehr als grünen Feldern – heute sieht das ganz anders aus: Die Gemeinde ist dicht eingewoben in die Basler Agglomeration. Jenseits der Siedlung leben 170 000 Menschen ihren Großstadtalltag. Die etwa eineinhalb Meter hohen Mauern, welche das Freidorf umzäunen, scheinen diesen urbanen Trubel fast vollständig abzuschirmen, denn in der Siedlung herrscht ein anderes, viel gemäßigteres Tempo.